Forschungsprojekt: Akten der Reichskanzlei 1890-1918
Forschungsschwerpunkt und Team
Das Projekt soll die Machbarkeit einer Edition der Akten der Reichskanzlei zwischen 1890 und 1918 untersuchen. Für die Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus liegen entsprechende Akteneditionen bereits komplett vor. Das Deutsche Kaiserreich in der Nach-Bismarck-Ära ist bisher lediglich durch einzelne Quellensammlungen, zum Beispiel unter sozial- und verfassungsgeschichtlichen Gesichtspunkten, erschlossen worden. Es fehlt jedoch an einer vergleichbaren Aktenedition, die im Kern den politischen Institutionen und ihrer Funktionsweise gewidmet ist.
Ziel ist es, Quellen zu erschließen und der Forschung digital zur Verfügung zu stellen, die es ermöglichen, das äußerst komplexe politische System des Kaiserreichs genauer zu verstehen. Eine Aktenedition kann dazu beitragen, die in der Forschung und der interessierten Öffentlichkeit jüngst wiederaufgeflammte Debatte um die Beurteilung des Kaiserreichs auf eine deutlich breitere Quellengrundlage zu stellen und neue Forschungen anzuregen. Dies ist umso wichtiger, als nach wie vor unklar ist, welche Macht den einzelnen Verfassungsorganen (vor allem dem Reichskanzler) und den extrakonstitutionellen Institutionen (z. B. dem Geheimen Zivilkabinett) im politischen Alltag zukamen und wie und durch wen Entscheidungen beeinflusst und getroffen wurden. Auch die Organisationsstruktur der einzelnen Institutionen und deren maßgebliche Akteure sind in den Blick zu nehmen. Ein solcher verfassungs- und verwaltungsgeschichtlicher Ansatz ermöglicht es außerdem, sonst nur schwer rekonstruierbare machttektonische Verschiebungen im komplexen konstitutionellen System des wilhelminischen Kaiserreichs aufzuspüren, zu zeigen und zu untersuchen.